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Die Katholischen Krankenhäuser - Unverzichtbar menschlich

Ausgabe 1 / 15. Dezember 2023

Finanzierung: „Die Ursachen der Not abstellen“

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Der Katholische Krankenhausverband hat mit anderen Verbänden ein Gutachten zur Subventionierung öffentlicher Krankenhäuser vorgestellt. Ansgar Veer erläutert im Interview die Details.

Aufgrund der inflationsbedingten Preissteigerungen und den Tariferhöhungen befinden sich derzeit alle Krankenhäuser in einer wirtschaftlich extrem angespannten Lage. Öffentliche Kliniken erhalten in dieser Situation vermehrt Ausgleichszahlungen von den Ländern und Kommunen.

Die Autorin, Prof. Frauke Brosius-Gersdorf, stellt in ihrem Rechtsgutachten fest, dass der Staat nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und dem Grundgesetz zur funktionsgerechten Finanzierung aller in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenen Krankenhäuser verpflichtet ist.

Einseitige Defizitausgleiche nur für öffentliche Krankenhäuser sind dagegen rechtswidrig. Sie verstoßen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes und gegen das europäische Beihilferecht. Die freien Träger haben Anspruch auf Gleichbehandlung.

Das Gutachten wurde am 30. November bei einer Pressekonferenz in Berlin unter anderem von Ansgar Veer, stellvertretender Vorsitzender des Katholischen Krankenhausverbands, vorgestellt. Es ist auf der Webseite www.die-katholischen-krankenhaeuser.de abrufbar.

Herr Veer, warum haben die katholischen Krankenhäuser das Gutachten in Auftrag gegeben?

Ansgar Veer: Während die Defizite von öffentlichen Kliniken seit Jahren durch Kommunen und Ländern mit Steuermitteln ausgeglichen werden, können die freigemeinnützigen und privaten Krankenhäuser nicht auf ein derartiges Rettungsnetz zählen. Diese einseitige Quersubventionierung von staatseigenen Krankenhäusern führt zu nicht hinnehmbaren Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der freigemeinnützigen und privaten Träger.


Warum gibt es in Deutschland Krankenhäuser unterschiedlicher Trägerschaften?

Die Trägervielfalt ist im Krankenhausfinanzierungsgesetz verankert und eine Ausprägung des Subsidiaritätsprinzips. Sie hat sich bewährt und einen großen Wert, denn sie trägt entscheidend dazu bei, dass Gesundheitseinrichtungen nachhaltig wirtschaftlich betrieben werden. Katholische Krankenhäuser sind darauf ausgelegt, sich wirtschaftlich selbst zu tragen. Erwirtschaftete Gewinne werden gemeinnützig reinvestiert. Das ist die Besonderheit des freigemeinnützigen Trägermodells.

„Die Trägervielfalt hat sich bewährt und ist ein großer Wert“

Welche Kliniken sind für die Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen zuständig?

Jedes Krankenhaus im Landeskrankenhausplan hat – unabhängig von der Trägerschaft – einen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Die regionale Verteilung der Träger ist sehr unterschiedlich. Ohne die freien Träger ist diese Aufgabe nicht zu leisten. Es gibt ganze Regionen, in denen die Krankenhausversorgung fast ausschließlich von freien Trägern gesichert wird. Wenn diese Kliniken wegbrechen würden, reißt das ein großes Loch in die Versorgung. Leidtragende sind die Menschen vor Ort, insbesondere ältere, eingeschränkt mobile Patientinnen und Patienten.


Was sind die Ursachen für die finanziellen Probleme der Krankenhäuser?

Die aktuelle wirtschaftliche Krise der Kliniken fußt auf einem systemischen Problem. Das erkennt man daran, dass öffentliche und freie Krankenhäuser gleichermaßen betroffen sind. Laut Umfragen bewerten 67 Prozent der Kliniken ihre wirtschaftliche Lage als schlecht oder sehr schlecht!

Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Zum einen kommen die Länder ihrer gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Übernahme der notwendigen Investitionskosten der Plankrankenhäuser seit vielen Jahren ungenügend nach.

Aktuell ist jedoch das vordringliche Problem, dass die Vergütung der Krankenhäuser durch die Krankenkassen unzureichend ist. Während wir enorme inflationsbedingte Kostensteigerungen stemmen müssen und zu Recht die tarifliche Vergütung unserer Mitarbeitenden gestiegen ist, bleiben die DRG-Fallpauschalen hinter dem zur Betriebskostenfinanzierung erforderlichen Maß zurück. Die anhaltenden Preissteigerungen sind in den Landesbasisfallwerten, die die Grundlage der DRG-Vergütung bilden, nicht ausreichend berücksichtigt.

„Unsere Forderung ist, dass alle Träger in der Finanzierung gleichgestellt werden“

Was sind die nächsten Schritte?


Das vorliegende Gutachten zeigt klar: Die einseitige Quersubventionierung für kommunale Krankenhäuser ist nicht rechtens. Die freien Träger haben Anspruch auf eine Gleichbehandlung. Doch wir wollen keine Gleichbehandlung im „Unrecht“! Wir erwarten, dass Bund und Länder die Ursachen der wirtschaftlichen Not der Kliniken abstellen. Unsere Forderung ist daher, dass alle Träger in der Krankenhausfinanzierung gleichgestellt werden. Das erfordert eine auskömmliche Finanzierung aller Häuser, die für die Versorgung notwendig sind. Bei wirtschaftlicher Unternehmensführung fallen dann auch keine Defizite an, die durch zusätzliche Gelder ausgeglichen werden müssen. Bund und Länder müssen die Ursachen der wirtschaftlichen Not der Kliniken abstellen.

Das heißt?

Wir fordern von Minister Lauterbach, nun endlich ein Vorschaltgesetz zur Krankenhausreform auf den Weg zu bringen. Der im November vom Bundesrat verabschiedete Entschließungsantrag zur Sicherung und Refinanzierung der Krankenhäuser ist eine gute Grundlage dafür. Im Moment hält der Bundesgesundheitsminister jedoch an der chronischen Unterfinanzierung der Kliniken fest. Anscheinend mit dem klaren Kalkül, die Zahl der Krankenhäuser über einen kalten Strukturwandel schnell und planlos zu reduzieren. Dieser Eindruck verfestigt sich zumindest immer mehr.

Ansgar Veer ist stellvertretender Vorsitzender des Kath. Krankenhausverbands Deutschland e. V. und Hauptgeschäftsführer der St. Bonifatius Hospitalgesellschaft Lingen.

Fotos: Kath. Krankenhausverband Deutschland/Gülten Hamidanoglu (Titelbild) sowie Jens Jeske (Textbilder)

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