Ausgabe 6 / 4. Juli 2025

Sechs Forderungen für eine tragfähige Finanzierung
Das mit der Klinikreform beschlossene Finanzierungskonzept muss grundlegend überarbeitet werden. Der Katholische Krankenhausverband hat sechs Forderungen formuliert, die Versorgung und Planung wirklich absichern.
1. Finanzierung muss den neuen Strukturen folgen
Durch die Krankenhausreform wurde mit der Vorhaltevergütung ein neues Finanzierungskonzept eingeführt. Dieses wird scharfgeschaltet noch bevor die Krankenhausplanung mittels Leistungsgruppen in den Ländern weitgehend umgesetzt ist. Richtig wäre es, zuerst den Versorgungsbedarf zu planen und die dafür notwendige Klinikstruktur darauf aufzusetzen.
Die Länder müssen jetzt die bedarfsnotwendigen Krankenhauskapazitäten bestimmen, die die Versorgungssicherheit der Bevölkerung in Zukunft gewährleisten. Notwendig dafür ist eine aktive, zielgerichtete Länderplanung, die sich auf regionale Bedarfserhebungen und statistische Analysen stützt. Diese Transformation der Kliniklandschaft muss im Optimalfall durch eine gezielte Investitionsfinanzierung und -förderung der Länder mit ausreichend Finanzmitteln gesteuert werden.
Erst wenn dieser Planungsprozess abgeschlossen ist, kann eine passgenaue und langfristig wirksame fallzahlunabhängige Vorhaltefinanzierung aufgesetzt werden.
2. Leistungsgruppen und Vorhaltevergütung entkoppeln
Die Kopplung der Vorhaltebudgets an die Leistungsgruppen verkennt, was Leistungsgruppen eigentlich sind: ein Planungsinstrument, kein Finanzierungsmechanismus. Sie sind dafür gedacht, eine bedarfsorientierte Krankenhausplanung durch die Länder zu ermöglichen. Werden die Leistungsgruppen allerdings zugleich als Maßstab für die Finanzierung herangezogen, führt das zu erheblichen Verwerfungen.
Die Leistungsgruppensystematik ist in der Zuordnung von Leistungen nicht trennscharf. So werden aktuell spezialisierte Leistungen in allgemeine Leistungsgruppen eingruppiert, was dazu führt, dass diese auch ein Sammelbecken für fachabteilungsübergeifende Spezialleistungen sind. Statt Sammelgruppen oder zu kleinteiligen Einheiten braucht es medizinisch nachvollziehbare, wirtschaftlich tragfähige Zuordnungen. Nur so lassen sich strukturierte Vergütung und echte Planungssicherheit herstellen.
Daher sind die Leistungsgruppen als Finanzierungsgrundlage ungeeignet. Die Vorhaltefinanzierung muss unabhängig von Leistungsgruppen neu aufgesetzt werden.
3. Tatsächliche Vorhaltekosten refinanzieren
Die Finanzierung der Vorhaltekosten muss einen realen Bezug zu den tatsächlichen Kosten haben, sie muss sich sachgerecht am Versorgungsauftrag orientieren und darf nicht von Fallzahlen abhängig sein. Nur eine solche Ausgestaltung gewährleistet, dass die Krankenhäuser unabhängig von Schwankungen in den Patientenzahlen sind und ihr Leistungsangebot krisensicher und nachhaltig vorhalten können. Eine verlässliche Grundfinanzierung muss unabhängig von Leistungsdynamiken funktionieren.
Die beschlossene Vorhaltefinanzierung basiert auf einer pauschalen, linearen Absenkung der DRG-Vergütung und verteilt bestehende Mittel einfach um. Sachgerecht wäre eine Kalkulation realer Vorhaltekosten für tatsächliche Fixkosten wie Personalstruktur, Infrastruktur und Notfallleistungen.
In der jetzigen Form bietet diese Systematik keine Finanzierungssicherheit für bedarfsnotwendige Klinikstrukturen in der Fläche und stellt gleichzeitig eine Wachstumsbremse für große oder stark spezialisierte Klinikstandorte dar. Zudem fehlt es an einer hinreichenden Planbarkeit für die einzelnen Krankenhäuser, da die Höhe der Vorhaltefinanzierung wegen nicht kalkulierbarer Umverteilungsparameter unvorhersehbar ist.
Es bedarf einer grundlegenden Neudefinition: Vorhaltekosten müssen realitätsnah kalkuliert und unabhängig von Fallzahlen vollständig refinanziert werden. Nur dann entsteht ein belastbares Finanzierungsmodell.
4. Strukturvorgaben flexibilisieren
Die derzeitigen Strukturvorgaben in den Leistungsgruppendefinitionen, wie beispielsweise drei hauptamtliche Fachärzte pro Leistungsgruppe, sind für viele Krankenhäuser in der Fläche nicht erfüllbar. Damit droht nicht nur der Verlust einzelner Leistungen, sondern auch die Schwächung medizinischer Weiterbildung und regionaler Versorgungsstabilität. Solche unrealistischen und starren Vorgaben müssen dringend abgeändert werden. Sinnvoll ist eine gesetzlich verankerte Flexibilisierung – etwa durch Kooperationsmodelle, telemedizinische Ergänzungen oder trägerübergreifende Lösungen.
5. Mindestvorhaltezahlen abschaffen
Die im Gesetz verankerten Mindestvorhaltezahlen führen insbesondere für Standorte der Regel- und Flächenversorgung zu erheblichen Nachteilen. Sobald sie einmal die geforderten Fallzahlen auch nur knapp unterschreiten, werden sie von der Vorhaltefinanzierung und damit von der Versorgung in einer Leistungsgruppe ausgeschlossen. Da sie aufgrund ihrer Größe ohnehin nur eine geringe Zahl von Leistungsgruppen zugewiesen bekommen, können solche Häuser damit schnell vor dem Aus stehen.
Gleichzeitig schaffen die Mindestvorhaltezahlen auch für große Kliniken und Zentren Fehlanreize: Zusätzliche Patient:innen zu versorgen ist für sie erst dann wirtschaftlich attraktiv, wenn ein gewisser Schwellenwert an neuen Patient:innen überschritten wird. Deshalb dürfen Mindestvorhaltezahlen nicht Grundlage für die zukünftige Vorhaltefinanzierung sein.
6. Bürokratie abbauen – Doppellogiken beenden
Die neue Vorhaltefinanzierung führt durch übermäßige Dokumentations- und Nachweispflichten, durch Beantragung und Prüfung von Leistungsgruppen, durch den komplexen Verteilungs- und Auszahlungsmechanismus zu einem massiven zusätzlichen Bürokratieaufwuchs. Dies in Kombination mit DRG-System, Pflegebudgets, StrOPS und sonstigen Prüfpflichten führt zu einem erheblichenm bürokratischen Mehraufwand. Weder Effizienz noch Steuerung profitieren davon.
Der Katholische Krankenhausverband fordert hierzu ein gezieltes Bürokratieentlastungsgesetz im Rahmen der Krankenhausreform. Verwaltungsaufwand muss reduziert, Ressourcen für Versorgung müssen freigesetzt werden.
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