Ausgabe 4 / 19. Dezember 2024
„Bundesreform geht weit über die Anforderungen in NRW hinaus“
Zwei katholische Krankenhausträger fusionieren und setzen damit wichtige Reformziele bereits um. Thomas Gäde und Gunnar Schneider von den Cellitinnen in Köln über Finanzlücken, Chancen zur Kooperation und Probleme mit Bundesvorgaben.
Wie blicken Sie heute auf die vor zwei Jahren erfolgte Stiftungsfusion zurück und wie wirkt sie sich aus?
Thomas Gäde: Im Dezember 2022 haben wir – mein damaliger Vorstandskollege Dieter Kesper und ich – die Verträge zum Zusammenschluss der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria und der Stiftung der Cellitinnen e.V. unterschrieben. Im Kölner Krankenhausbereich gab es, u. a. aufgrund der anstehenden Krankenhausplanungsrunde den höchsten Abstimmungsbedarf. Leistungsbereiche wie die Schilddrüsenchirurgie haben wir gebündelt und Experten zusammengezogen.
Direkt zum Jahresbeginn 2023 konnte das Krankenhaus St. Agatha zur Fachklinik für Seelische Gesundheit umgewidmet werden. So wurde der Standort gesichert. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konnten wir attraktive Arbeitsplätze im somatischen Bereich unseres Verbundes anbieten. Die Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie zog in 2024 aus dem Cellitinnen-Krankenhaus St. Vinzenz in Nippes ins Cellitinnen-Krankenhaus St. Antonius nach Bayenthal um.
Finanzielle Rahmenbedingungen in gesamter Krankenhausbranche besorgniserregend
Zudem wurde im laufenden Jahr das neue Corporate Design ausgerollt. Alle unsere Einrichtungen – auch außerhalb des Krankenhausbereichs – tragen nun die „Cellitinnen“ quasi als Vornamen. Damit sind sie nicht nur für Außenstehende als zusammengehörig erkennbar, sondern bilden vor allem eine einheitliche Marke.
In den vergangenen Monaten wurden (de)zentrale Fachbereiche wie Personal, IT und Finanzen umstrukturiert. Durch die Neuaufstellung wollen wir in erster Linie die Zukunft unseres Unternehmens und der Arbeitsplätze sichern. Das ist in der aktuellen Lage mehr als schwierig, denn die finanziellen Rahmenbedingungen in der gesamten Krankenhausbranche sind – man kann es leider nicht anders sagen – besorgniserregend.
Waren Sie auf die Krankenhausreform NRW vorbereitet? Welche Anpassungen hat es vorsorglich gegeben?
Gunnar Schneider: Die Stiftung der Cellitinnen ist mit sieben somatischen Krankenhäusern in Köln vertreten. Eine hohe Dichte an katholischen Krankenhäusern, die es uns ermöglicht, medizinische Schwerpunkte zu bilden. So haben wir in Vorbereitung auf die anstehende NRW-Reform bereits Leistungskonzentrationen vorgenommen und auch Leistungen zwischen den Häusern zur Bildung größerer Einheiten verlagert.
Außerdem haben wir einzelne Leistungsbereiche geplant aufgegeben: wie die HNO-Belegabteilung am Cellitinnen-Severinsklösterchen Krankenhaus der Augustinerinnen sowie die Belegabteilung für Augenheilkunde am Cellitinnen-Krankenhaus St. Antonius. Damit sind wir der politischen Willensbildung nach der Konzentration medizinischer Leistungen im urbanen Umfeld entgegengekommen.
Krankenhausplanung NRW in Abstimmung mit den beteiligten Akteuren
Wie bewerten Sie die bisherigen Abläufe zur NRW-Reform?
Gunnar Schneider: Die Umsetzung der neuen Krankenhausplanung für Nordrhein-Westfalen war für alle Beteiligten Neuland. Durch den Einsatz einer digitalen Plattform wurde der Prozess transparent und nachvollziehbar. Natürlich sind inhaltliche Fragen mitunter strittig geblieben. Auch gab es einen langwierigen Prozess der Leistungsabstimmung zwischen Kostenträgern und Leistungsanbietern, dessen Ergebnisse in der ersten Anhörung dann leider nur wenig Berücksichtigung fand, was bedauerlich war.
Dennoch ist die Krankenhausplanung NRW im Vergleich zu der bundesweiten Reform ein Prozess, der in Abstimmung mit den beteiligten Akteuren durchgeführt wurde. Positiv zu nennen ist meines Erachtens auch das 2. Anhörungsverfahren, das zunächst nicht geplant war, aber eine weitere Möglichkeit zum Austausch von Argumenten bot.
Was hätte besser laufen können? Was wurde ausgespart?
Gunnar Schneider: Was ich grundsätzlich kritisiere, ist die Tatsache, dass es für den nun drohenden Leistungsabbau weder eine Refinanzierung noch eine Förderung gibt. Wenn ein Krankenhaus Leistungsbereiche oder sogar eine komplette Fachabteilung schließen muss, kommt es unweigerlich zu Personalabbau und damit zu Abfindungszahlungen, die schnell siebenstellig werden können. Diese wirtschaftlichen Belastungen durch die Transformation des Krankenhauswesens bleiben leider vollständig bei den Krankenhausträgern hängen.
Darüber hinaus hätten wir uns sicherlich längere Laufzeiten für die anstehenden Umstrukturierungen gewünscht. Das Land hat zwar die Umsetzung der Reform vom 01.01.auf den 01.04.2025 neu datiert. Doch auch das ist nicht viel Zeit, wenn die Feststellungsbescheide vor Weihnachten zugehen und dann unverzüglich gehandelt werden muss.
Gibt es Abstimmungen und Vernetzungen mit öffentlichen und privaten Anbietern vor Ort?
Gunnar Schneider: Der Krankenhausplan in NRW sieht vor, dass eine Reihe von Anforderungen auch durch Kooperation mit einem anderen Leistungserbringer erfüllt werden können. Wir kooperieren insbesondere mit der Universitätsklinik zu Köln wenn es um spezielle Fachbereiche wie Kardio- und Neurochirurgie geht. Gleichwohl haben auch wir die Kooperationsgesuche von Kliniken – ob öffentlich oder privat – zu einzelnen Leistungsbereichen positiv beschieden. Insofern gelingt uns die Abstimmung im Sinne einer hochwertigen und geregelten Patientenversorgung hier in Köln grundsätzlich gut.
Vorhaltevergütung erfüllt ihren Zweck nicht
Wie bewerten Sie die Auswirkungen der Krankenhausreform des Bundes von Minister Lauterbach?
Gunnar Schneider: Die Krankenhausreform des Bundes erfolgte leider im Alleingang ohne Beteiligung der relevanten Akteure. Die Leistungsgruppensystematik und die Qualitätsanforderungen – wie von Gesundheitsminister Lauterbach im KHVVG – umgesetzt, gehen deutlich über die Anforderungen in NRW hinaus und sind für viele Häuser der Grund-, Regel- und Schwerpunktversorgung nur schwer umsetzbar. Die Vorhaltevergütung erfüllt darüber hinaus ihren Zweck nicht und ist ein Bürokratiemonster. Eine Entökonomisierung wie vom Bundesgesundheitsminister angestrebt findet nicht statt, da das Vorhaltebudget weiterhin an Fallzahlen geknüpft ist.
Da die Reform in einer Zeit des politischen Interims verabschiedet wurde, sind Veränderungen nach den Bundestagswahlen nicht unwahrscheinlich. Nachbesserungen sind ohne Zweifel erforderlich. In welcher politischen Neukonstellation sie dann getroffen werden, bleibt abzuwarten.
Thomas Gäde (Vorsitzender) und Gunnar Schneider bilden den Vorstand der Kölner Stiftung der Cellitinnen.
Fotos: Stiftung der Celltinnen, Köln