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Die Katholischen Krankenhäuser - Unverzichtbar menschlich

Ausgabe 3 / 20. Juni 2024

Erfahrungsberichte: Anerkannt durch fachliche Qualität

5 min | Teilen auf

Mit Einblicken in konkrete Fallsituationen haben Praktiker:innen die VAPiK-Studie ermöglicht. Stimmen aus teilnehmenden Einrichtungen über Herausforderungen und gelungene Beispiele zur Profilierung der Pflege.

#Caritas Krankenhaus St. Josef Regensburg

#St. Elisabeth Gruppe

#GFO Kliniken Bonn

Caritas Krankenhaus St. Josef Regensburg:
Expertise selbstbewusst vertreten

Von Maria Vanessa Ebert, Pflegedienstleiterin

Für uns als Krankenhaus ist die VAPiK-Studie ein neuer Ansporn, die Professionalisierung der Pflege inklusive Vorbehaltsaufgaben stärker in den Fokus zu rücken. Es gibt noch in vielen Bereichen etwas tun: Als ich etwa kürzlich eine junge Kollegin, die gerade ihre generalistische Ausbildung absolviert hat, auf Vorbehaltsaufgaben ansprach, fragte sie nur zurück: „Was sind denn Vorbehaltsaufgaben?“ Wenn wir das Thema nicht einmal in die Ausbildung bekommen, können wir auch nicht in die Kommunikation mit anderen Berufsgruppen treten.

Doch das Problem liegt noch tiefer, wie ein anderes Beispiel belegt: Wir haben bei uns mit vielen Anstrengungen die elektronische Patientenakte eingeführt. Sie enthält nicht nur die so genannte Kurve, sondern bildet auch den Pflegeprozess ab. Kam aber während der Einführung des Systems – wohlgemerkt mit allen Berufsgruppen – das Thema Pflegeprozess auf, zeigten sich die Ärzt:innen wenig interessiert. Das zeigt mir, dass wir Pflegefachkräfte den ärztlichen Kolleg:innen bisher zu wenig aufgezeigt haben, dass auch sie sich mit dem Pflegeprozess beschäftigen müssen. Schließlich sind sie daran beteiligt. Erst danach können wir die Vorbehaltsaufgaben thematisieren.

Selbstbewusst auch gegenüber Ärzt:innen auftreten

Und als Pflegedienstleitung stelle ich fest, dass wir unsere Pflegefachkräfte darin stärken müssen, selbstbewusst auch gegenüber Ärzt:innen aufzutreten. Denn manche trauen sich das derzeit nicht. Doch erst wenn allen klar ist, dass hier eine Person mit großer Expertise die Situation eines Patienten beurteilt, wird sie auch als solche ernst genommen.

Das sehen wir umgekehrt sehr erfolgreich beim Delir- und Demenzmanagement. Hier führt eine Pflegefachkraft komplett selbstständig die Konsile durch. In diesem Bereich hat sich eine fachliche Qualität etabliert, welcher die Mediziner:innen voll vertrauen und deshalb die Pflegefachkraft bei Bedarf zu ihren Fällen hinzuziehen. Hier erkennen wir ohne Vorgaben von außen, wie die Zusammenarbeit hervorragend gelingt.

Foto: Johann Kräh

St. Elisabeth Gruppe:
Pflegevisite erhöht Pflegequalität und steigert Fachkompetenz

Von Marion Schmitz, Gesamtpflegedienstleitung der St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr, und Meike Materna, Pflegedienstleitung des Marien Hospital Witten

Innerhalb der St. Elisabeth Gruppe haben wir die Steuerung und Umsetzung der Vorbehaltsaufgaben fest an die Führungsebene gekoppelt. Sowohl Führungskräfte als auch pflegerische Teams benötigen entsprechende Schulungsangebote. Teamorientierte Workshops holen alle Mitarbeitenden gleichsam innerhalb des bestehenden Skill-Grade-Mixes ab. Noch stärker als früher schauen wir, wie wir intraprofessionell voneinander lernen können.

Damit verbunden rücken die Möglichkeiten zur individuellen Mitarbeiterentwicklung stärker in den Fokus. Unser Ziel ist es, über Personalentwicklungs-Assessments der einzelnen Kolleg:innen die Kompetenzen in verschiedenen pflegerischen Settings zu steuern. Gleichzeitig ist es wichtig, Sensibilität zu entwickeln, denn langjährig erfahrene Pflegende mit niedrigen formalen Qualifikationen könnten sich durch die veränderten Verantwortungen im Pflegeprozess herabgesetzt fühlen. Um so wichtiger ist Transparenz in der Kommunikation sämtlicher Delegationen und Durchführungen.

Im praktischen Alltag hat die Einführung von Pflegevisiten einen positiven Effekt gebracht. Sie erfolgt zusätzlich zu der ärztlichen Visite und hat ausschließlich einen pflegerischen Schwerpunkt. Dadurch wird der komplette Pflegeprozess der einzelnen Patient:in fortlaufend überprüft. Dies hat nicht nur eine individuell höhere Pflegequalität zur Folge, sondern steigert über die stetige Evaluation die Fachkompetenz der Pflegenden. Gleichzeitig ist es uns wichtig, dass bei einer Delegation an mehrere Personen mit unterschiedlichen Qualifikationen im Pflegeteam ein patientenorientiertes Pflegesystem erhalten bleibt und sich dieses nicht zur Funktionspflege verändert. Unser Ziel ist es, dass die Kontaktzeiten am Patienten erhöht werden.

Die Vorbehaltsaufgaben sind schlussendlich ein Thema der Kontinuität und nicht einer Ad-hoc-Umsetzung. Aufgabenverteilungen und Prozesse im Krankenhaus müssen sich fortlaufend entwickeln können. Das mittlere Management muss diese Veränderungen begleiten, neue Umsetzungen und ihre Effekte reflektieren sowie geeignete Rahmenbedingungen schaffen. Dann lassen sich Vorbehaltsaufgaben umsetzen und die pflegerische Versorgung optimieren.

Fotos von Marion Schmitz (li.) und Meike Materna (re.): St. Elisabeth Gruppe

GFO Kliniken Bonn:
Viel Ausdauer und Feingefühl erforderlich

Von Violetta Röddecker, M.A., Qualitätsentwicklung Pflege in der Stabsstelle Pflegedirektion der GFO Kliniken Bonn

Die VAPiK-Studie hat uns als Krankenhaus gezeigt, wie wichtig die aktive Gestaltung des Pflegeprozesses durch Pflegekräfte ist, besonders seit 2020, als diese Verantwortung gesetzlich verankert wurde. Eine große Herausforderung besteht darin, den Pflegeprozess und die Vorbehaltsaufgaben sauber zu analysieren und sicherzustellen, so dass die Pflegekräfte die Aufgaben übernehmen, die sie rechtlich und fachlich ausführen dürfen.

Wir haben daraus gelernt, dass die Integration von Vorbehaltsaufgaben in den Pflegealltag ein langfristiger Prozess ist, der viel Ausdauer und Feingefühl erfordert. Denn wir möchten keine Konflikte innerhalb der Berufsgruppe oder zwischen Berufsgruppen auslösen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Notwendigkeit, die Pflegekräfte in der Kommunikation mit Ärzt:innen und anderen Berufsgruppen zu stärken. Pflegekräfte, die die deutsche Sprache nicht auf muttersprachlichem Niveau sprechen, müssen besonders unterstützt werden. Dann etwa wird es auch möglich, sensible Themen – nehmen wir Gespräche über Medikationen – im Gespräch mit Ärzt:innen zu besprechen.

Wissen konsequent an alle Personen bringen

In geriatrischen Abteilungen sehen wir schon sehr gut, wie diese abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Pflegekräften und Ärzt:innen gelingen kann. Hier gibt es tägliche Besprechungen über akute Probleme, die zu einer besseren Pflegequalität beitragen. Bei chirurgischen Disziplinen spüren wir, wie der Tagesablauf der Mediziner:innen zwischen OP und Stationen einen Rhythmus vorgibt, in den wir dieses Thema integrieren müssen. Standardisierte Abläufe sind besonders wichtig, um eine hohe Versorgungsqualität sicherzustellen und Missverständnisse zu vermeiden. Durch klare Verfahrensanweisungen und die Delegation von Aufgaben können wir sicherstellen, dass alle beteiligten Berufsgruppen wie vorgesehen zusammenarbeiten.

Es ist auch wichtig, das Wissen über Vorbehaltsaufgaben konsequent an wirklich alle Personen zu bringen, die es betrifft. Viele Ärzt:innen sind damit noch kaum in Berührung gekommen. Möglicherweise sollten auch die Kostenträger über das Thema informiert werden. Ein Beispiel dafür war eine Stellungnahme, die ich zu einem Dekubitus-Fall anfertigen sollte. Man monierte u.a. eine fehlende ärztliche Anordnung zur Dekubitusprophylaxe, obwohl die Verantwortung dafür bei den Pflegekräften liegt.

Foto: GFO Kliniken Bonn/Christian Daitche

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